Die Ingenieure der Firma Bleichert aus der Stadt Leipzig in Deutschland kamen bereits im 19. Jahrhundert auf die Idee, grössere Mengen von schwerem Material per kuppelbarer Umlaufbahn über eine längere Strecke zu transportieren. Dazu war auch eine Klemme nötig, deren Umsetzung sich auch heute alles andere als verstecken muss. Das System war sehr einfach, unkompliziert und die Klemme erwies sich im Prinzip als totsicher. Bleicherts kuppelbare Umlaufbahnen gelten als erste je in betrieb genommene Seilbahnen in dieser Art.

Alle hier entstandenen Bilder wurden bei der Werkseilbahn Rohren-Melbach in Ennetmoos geschossen.

Bleichert griff auf ein Zweiseilsystem. Das heisst, die Fahrbetriebsmittel besitzen nebst der Klemme auch ein Laufwerk. Dieses Laufwerkt bewegt sich auf einem Tragseil, welches quasi wie eine Schiene fungiert. Die Klemme selbst klemmt sich dann an ein umlaufendes Förderseil fest. In der Schweiz verkehren noch zwei solche Anlagen, in Frick und in Ennetmoos. In Ennetmoos betreibt die Firma Fixit AG, eine Schweizer Firma die im Baustoffmarkt tätig ist, den Steinbruch Melbach. Das abgetragene Material, in diesem Fall Kalkgestein, wird mittels Seilbahn von Melbach nach Rohren transportiert und von dort weiter in die Fabrik nach Ennetmoos geschickt. Die 1931 gebaute Materialseilbahn von Bleichert ist technisch ein Meisterwerk. Von Hand geschmiedet und gezimmert wie es im Buche steht. Geklemmt wird mit einer überschaubaren und sehr simplen Gewichtsklemme.

Die Klemme verfügt über zwei Kuppelrollen, welche mit einer Achs verbunden sind, und einen Kuppelhebel, welcher direkt mit dem Fahrkorb verbunden ist. Die beiden Kuppelrollen heben beim ein- oder auskuppeln das ganze Betriebsmittel nach oben. So bewegt sich der Kuppelhebel, hier die dünne Stange aus Stahl in der Mitte, ebenfalls nach oben und öffnet auf der anderen Seite die innere bewegliche Klemmbacke. Folglich presst die äussere Klemmbacke das Förderseil an die innere starre Klemmbacke.

Überlegt man sich bei diesen zwei Fotos der Klemmbacken folgendes; würde man mit der Hand den Kuppelhebel und damit den ganzen Fahrkorb anheben können, so würde sich die innere Klemmbacke öffnen lassen. Bei diesen zwei Abbildungen ist auch schön zu erkennen, dass die Nutzlast auch die Klemmkraft beeinträchtigt. Je mehr Nutzlast dem Fahrkorb hinzugefügt wird, desto höher ist die Klemmkraft.

Die Materialseilbahn in Ennetmoos ist ein industrieller Zeitzeuge. So ist es nicht verwunderlich, dass die Anlage bei der Ausstellungstrilogie „Luft Seil Bahn Glück“ im Nidwaldner Museum Platz gefunden hat.

Bei meinem Besuch im Jahr 2013 der Materialseilbahn Rohren-Melbach entstand dieses Video.

Janik Kunczynski, der Polnische Gründer der damalig grössten US Amerikanischen Seilbahnfirma, entwickelte ende der 80er Jahre die Kuppelklemme des Typ YAN 11. Die Klemmkraft geschah bei Yan-Lift nicht wie bei Europäischen Herstellern damals üblich über Teller-oder Schraubenfeder, sondern über zwei Gummifedern. Diese Klemme, welche quasi wie eine Wäscheklammer aufgebaut ist, erwies sich aber als zu schwach, zu unsicher und zu temperaturabhängig. Als Zusatz zur Gummifeder, wirkt auch die Gravitation durch konische Nuten zur Rutschsicherheit auf dem Seil bei. Die einzige Sesselbahn welche noch mit diesen berühmt berüchtigten Klemmen im Einsatz ist, verkehrt in Europa, genauer in Spanien im Skigebiet Espot ihre Runden. Alle Bilder hier entstanden bei meinem Besuch im Februar 2017.

Ziel von Yan-Lift war es, eine standardisierte und günstige kuppelbare Umlaufbahn auf den Markt zu bringen. Um mit den damals grossen Herstellern aus Europa wie beispielsweise Von Roll oder Garaventa zu konkurieren, war der Preis für solche Anlagen extrem günstig. Die Stationsgebäude waren wie heute üblich sehr kompakt ausgeführt, die Rollenbatterien günstig aus Aluminium gegossen und auf eine Garagierung der Sessel wurde gänzlich verzichtet. Man dürfte also sagen, dass Yan-Lift eine der ersten Firmen war, welche auf eine günstige Bauweise zurückgegriffen hat, im nachhinein leider zu lasten der Qualität und Sicherheit der Fahrgästen.

Die Klemme des Typ YAN 11 ist eine unkomplizierte monostabile Klemme. Das heisst, sie fährt im geschlossenen Zustand durch die jeweilige Station und öffnet sich nur kurz, um sich das Förderseil zu „schnappen“. Die Klemmkraft wird durch zwei sich oberhalb der Klemme befindliche Gummifedern erzeugt. Die Gummifedern sind direkt in je einem Kuppelhebel eingebaut. Sobald man die beiden Kuppelhebel durch eine Zwangsschiene zueinander drückt, bewegen sich die äusseren Klemmbacken nach aussen. Der Klemmenmechanismus ist perfekt zu vergleichen mit einer Handelsüblichen Wäscheleineklammer, wonach in dem Fall beide Klemmbacken beweglich sind, was bei Kuppelklemmen eher selten der Fall ist.

Zusätzlich der Klemmkraft durch die Gummifedern trägt auch die Gravitation zur Rutschsicherheit auf dem Förderseil bei. Hierbei wurde jeweils vor und nach dem Seilbett eine konische Nut montiert. Diese konische Nut wird durch das Gewicht des Sessels und den Fahrgästen in das Förderseil gepresst. Auch sehr speziell sind die vier Laufrollen, welche in den Stationen auf zwei Rohr-Schienen und mittels Reifenförderer durch die Station befördert werden.

Da die Klemme wegen ihres Aufbaus bei einer Seilentgleisung keine heute üblichen Seilfänger überfahren kann, hat sich die Firma eine tolle Lösung ausgearbeitet. Die Rollen jeder Trägerrollenbatterie sind extrem breit und besitzen hohe Bordscheiben. Doch nicht nur das sollte eine Entgleisung verhindern. Als weltweit erster Seilbahnhersteller (!) wurde eine Magnet induktive Seilüberwachung eingesetzt. Dieses System sollte ein Seilentgleisung gänzlich verhindern, denn sobald sich das Förderseil von der eigentlichen Position verschiebt hätte, hätte die Steuerung die Bahn automatisch gestoppt. Erst Anfang der 2000er Jahre griffen andere Hersteller wieder auf dieses System zurück und liessen es damals fälschlicherweise als brandneue Erfindung verkaufen. Ein Foto dieser Überwachung konnte ich leider bei meinem Besuch nicht machen, ein Foto ist allerdings hier zu finden.

Diverse Unfälle mit Anlagen von Yan-Lift, darunter auch tödliche, begruben die Pläne der einst so aufblühenden Seilbahnfirma.

Der Italienische Seilbahnhersteller Carelvaro & Savio stieg früh in den Bau von kuppelbaren Seilbahnen ein. Schon 1948, also 3 Jahre nach der Eröffnung der ersten Kuppelbaren Sesselbahn in Flims, entwickelte das Unternehmen eine Klemme für kuppelbare Umlaufbahnen. Die Klemme von Carelvaro & Savio kam ohne jegliche mithilfe der Gravitation aus und erwies sich daher für steile Bahnen als sehr sicher. Der Beweis dafür bildete die Gondelbahn Alagna-Belvedere 1949, welche eine Steigung von 110% überwindete. Heute dürften nur noch zwei kuppelbare Anlagen mit Carelvaro & Savio Klemmen in Betrieb sein, nämlich die Parkbahn im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken und die zwei Sektionen Kabinenbahn Rivera-Alpe Foppa (Monte Tamaro).

Die Klemme funktioniert mittels einer Nocke und einer Nockenwelle. Direkt am Kuppelhebel im Innern des Klemmengehäuse sitzt eine Nockenwelle, dessen zwei Nocken beide Bolzen und äussere Klemmbacken entweder über den toten Punkt nach aussen drückt (Klemme offen) oder die Bolzen wiederum über den toten Punkt nach innen zwingt (Klemme zu). Folglich sind die äusseren Klemmbacken beweglich, die inneren starr. Die Klemme ist bistabil und besitzt für jeden Bolzen je ein Federpaket, daher ist die Klemme in sehr kompakter Form doppelt ausgeführt.

Die hier vorgestellte Klemme ist vermutlich eine weiter entwickelte Form der ersten Version. Am Monte Tamaro im Tessin verkehren seit 1972 Lizenzbauten von diesen Klemmen, da Carlevaro & Savio 1969 aus dem Seilbahngeschäft ausstieg und seine Klemmenpatente an andere Firmen weiter gegeben hat. Die 4er Kabinenbahn zur Alpe Foppa am Fusse des Monte Tamaros beherbergt heute die letzten derartigen Klemmen in der Schweiz.

Eigenartig an der Klemme ist die Tatsache, dass die Friktionsplatte nicht über der Klemme montiert ist wie bei den neuen Klemmen üblich, sondern unterhalb des Klemmengehäuses platziert ist. Dies weil eine Platte wegen des Kuppelhebels oberhalb des Gehäuses gar keinen Platz hätte. Bautechnisch bedingt dies auch, dass die Reifenförderer ihre Kraft nicht von oben, sondern von unten auf die Platte wirken lassen müssen. Beim Verzögern und Beschleunigen der Klemme, liegt die Klemme also auf den Reifenförderern auf. Auch Speziell ist die Anordnung der Führungsrolle. Diese ist nämlich nicht direkt an der Klemme angebracht, wie dies heute üblich ist. Sie ist an dem Gehängearm montiert und erfüllt ihren Zweck dort.

Der Kuppelvorgang geschieht über eine markante Kuppelschiene. Zuerst wird der Kuppelhebel über den toten Punkt geführt. Sobald er darüber ist, wird der Kuppelhebel durch eine Führung auf Position gehalten bis das Seil im Seilbett liegt und die Führungsschiene den Kuppelhebel entweichen lässt. Verwendet wurde die Klemme auch von Herstellern wie Heckel, Agudio, Piemonte Funivie und Marchisio.

Einkuppelvorgang