Girak, ein Seilbahnhersteller aus Österreich, gegründet vor 100 Jahren von zwei Brüdern, patentierte in den 80er Jahren eine Kuppelklemme für Einseilumlaufbahnen. Diese Klemme basiert auf sehr einfachen Mitteln und ist eine Weiterentwicklung der Müller-Schraubenklemme. So verfügt sie statt eines Zahnrads über einen Kuppelhebel mit Nockenachse.

In Bad Kleinkirchheim wurde 1985 die erste Seilbahn mit der Nockenklemme in Betrieb genommen. Meine detaillierten Fotos stammen von der Rossalmbahn, welche ursprünglich 1993 in Lech erstellt und 2004 im Skigebiet Winklmoosalm wieder aufgebaut wurde. Ausserdem war ich zu Besuch bei der 2S-Kanzelwandbahn und der Breitenbergbahn in Pfronten.

Die Mechanik der Nockenklemme ist gewissermassen in drei Teile aufgebaut: den Kuppelhebel mit der Kuppelhebelachse bzw. der Nockenwelle, das Deckrohr und das Nebenteil mit äusseren Klemmbacken, sowie die im Gehäuse befindlichen Tellerfedern samt Druckrolle/Spannstück, Öffnungsfeder und Klemmenmittelstück (innere Klemmbacke).

Die Tellerfedern sind auf das Klemmenmittelstück gesteckt, welches sich mit der Druckrolle und mithilfe der Nocke hin- und herbewegen lässt. Im geschlossenen Zustand drückt die Nocke die Druckrolle zum Seil hin, wodurch das Spannstück, verbunden mit dem Klemmenmittelstück bzw. der inneren Klemmbacke, das Förderseil klemmt. Während des Öffnungsvorgangs wird der Kuppelhebel angehoben, die Tellerfedern durch die sich verjüngende Nocke entlastet und die innere Klemmbacke bzw. das Spannstück mithilfe der Öffnungsfeder wieder vom Seil weggedrückt. Die innere bewegliche Klemmbacke wird also im gesamten Klemmengehäuse hin- und hergeschoben, sodass das System ohne Kopfachse auskommt und damit massiven Verschleiss verhindert. Die Klemme ist dadurch sehr wartungsarm.

Die Klemme ist ohne Förderseil von Hand zu betätigen. Erst wenn das Förderseil zwischen die Klemmbacken gelegt wird, können die Tellerfedern ihre Kraft voll ausschöpfen. Bei offener Klemme in der Station wird der Kuppelhebel dank der Öffnungsfeder oben gehalten. Da die Federn entlastet sind, ist eine Demontage völlig ungefährlich. Bei den folgenden Bildern ist das Deckrohr vom Nebenteil getrennt sowie die schwarze Gummiabdeckung demontiert, sodass man den Aufbau des Kuppelhebels und der Nockenachse, dem einzigen Drehpunkt der Klemme, gut erkennen kann.

Die Klemme ist bistabil, das heisst, sie ist in der Station gewöhnlich geöffnet und am Seil natürlich geschlossen. Sie verfügt neben der Kuppelrolle über zwei Laufrollen aus Stahl sowie zwei Führungsrollen aus Kunststoff, die die Klemme beim Kuppelvorgang stabilisieren. Die Kuppelstelle ist so gebaut, dass man sowohl vorwärts als auch rückwärts mit der Anlage fahren kann.

Die Girak-Nockenklemme ist von der Funktion her ähnlich aufgebaut wie die Carlevaro-&-Savio-Klemme. Auch sie besitzt eine Nocke, die jedoch nicht die innere Klemmbacke, sondern die äussere Klemmbacke hin- und herbewegen lässt.

Beim Besuch auf der Winklmoosalm und der Rossalmbahn konnte ich diverse Fotos der Stationstechnik und natürlich der Klemme machen. Dazu entstand auch ein passendes YouTube-Video, das sich ausschliesslich um die Klemme dreht. Mein Dank geht an den Betriebsleiter der Anlage, der mir sein Vertrauen geschenkt hat. Video folgt am Sonntag

Die VR101 ist die erste Kuppelklemme für Einseilumlaufbahnen, welche für touristische Zwecke eingesetzt wurde. Im Dezember 1945 ging die erste Sesselbahn mit besagter Klemme im bündnerischen Flims in Betrieb. Jahrelang war die Klemme zusammen mit der Carlevaro & Savio-Klemme eine der einzigen, welche für diesen Betriebszustand mit einem Förderseil in Frage kam. Erst später entwickelten andere Firmen wie z. B. Giovanola und Poma eigene Klemmen für nur ein Förderseil. Ein Dutzend Sesselbahnen ging allein in der Schweiz mit der VR101 in Betrieb, mehrere Bahnen kamen in Europa und den USA gleichzeitig oder später noch hinzu. Lizenzabnehmer waren unter anderem auch bekannte Namen wie Transporta Chrudim, welche vor allem in Osteuropa wie Tschechien und Polen auf das System von Von Roll zurückgriff, oder in Deutschland die Firma ABIG.

Meistens wurden in Europa quer zur Strecke liegende Zweisersessel eingesetzt, doch auch geschlossene Kabinen waren möglich und kamen vor allem in den USA zur Verwendung. Die Amerikaner mussten von der Idee wohl begeistert gewesen sein, denn noch heute verkehren in den USA solche Viererkabinenbahnen, meist in Freizeit- und Vergnügungsparks. Es gibt sogar noch Ersatzteile für die VR101 zu kaufen, z. B. auf der Website shopdoppelmayrusa.com.

Die Technik hinter der Klemme ist ausgesprochen raffiniert. Die Klemme ist eine kombinierte Konstruktion aus Gewichtsklemme und Federklemme. Mit dem Gewicht und der Feder übt sie mittels der beiden beweglichen Klemmbacken die Klemmkraft auf das Förderseil aus, welches sich zwischen den Laufrollen befindet. In der Station ist die Klemme offen und die Feder ganz am Anschlag bzw. so weit entlastet, wie es die Konstruktion erlaubt. Mithilfe von Videos und Bildern wird die Klemme einfacher zu erklären.

Ein Exzenterhebel drückt die innere Klemmbacke durch den Mechanismus und das Gewicht des Sessels nach innen. Zusätzlich wird das Förderseil quasi zwischen die beiden Klemmbacken eingequetscht. Auf meiner Versuchsklemme habe ich ein theoretisch zu dünnes Förderseil verwendet. Meine Eisenstange hat also einen zu geringen Durchmesser, als dass die Klemme ihre volle Kraft ausschöpfen könnte. Mit einem originalen Förderseil jedoch wird die Feder zusammengedrückt und klemmt das Seil zusätzlich durch die Gewichtskraft fest.

Es ist gar nicht so einfach, die Klemme richtig gut zu beschreiben. Am besten erkennt man den Exzenterhebel und die Funktion anhand von mehreren bewegten Bildern.

Im zweiten Video erkennt man oben links einen Hebel. Dieser Hebel arretiert die Klemme im geschlossenen Zustand. Dadurch wird eine Sicherung gegen das ungewollte Öffnen der Klemmbacken während der Fahrt auf dem Seil erreicht. Erst wenn der Hebel zurückgestellt wird – in den Stationen passiert das mit einer Schiene – entriegelt sich die Klemme und kann erst durch Hochheben des Sessels bzw. durch Entlastung des Gewichtes geöffnet werden. Das alles passiert in Bruchteilen einer Sekunde und ist von blossem Auge fast nicht zu erkennen. Da es nur noch eine einzige VR101-Anlage in Europa gibt, ist es sehr schwer, ein geeignetes Video vom originalen Kuppelvorgang zu machen, bei dem man das Detail erkennen kann.

Die Firma Von Roll entwickelte Anfang der 90er Jahre die VH400 Klemme so um, dass auch „veraltete“ fixe Sesselbahnen wieder im neuen Glanz strahlen können. Die Klemme war so minimalistisch und klein ausgeführt, dass nur geringe Umbauten nötig waren. So hat Von Roll damit geworben, dass zum Teil Stützen, Stationshäuser und Überdachungen und Stationssteher einfach vom Vorgänger übernommen werden können. Ausserdem waren kurze Bauzeiten und tiefe Betriebskosten ebenfalls ein Argument welches die Kunden von Von Roll hätten überzeugen sollen. Umgesetzt wurde dies in der Schweiz leider nur dreimal; Saanerslochgrat (1991-2008), Wixi (1992-2012) und Bellwald (1993-2022). Aber auch komplette Neuanlagen konnten so gebaut werden.

Die Klemme ist im Grunde genommen von der Funktion her gleich Aufgebaut wie die „normale“ VH400 Klemme. Die einzigen Unterschiede sind, dass die Rollen anders angeordnet sind und die Klemme über ein sehr spezielles Beschleunigungs- und Verzögerungsprinzip verfügte. Die Räder der Beschleunigungs- und Verzögerungsstrecke dienten sowohl zum Transport der Fahrzeuge, als auch als Laufschiene. Die Friktionsplatte ist so ausgeführt, dass sie perfekt in die Nut der Räder passt und quasi darauf liegend Fährt. Eine oben liegende Schiene drückt über zwei oben angebrachte Laufrollen die Klemme zusätzlich in die Räder rein. Da dieses System im Bogen nicht möglich ist, wechselt die Klemme auf die oberen zwei Laufrollen, welche zuvor als Gegendruckrollen fungierten. Im Bogen übernimmt fortan eine Kette die Beförderung, ehe sie wieder auf die Räder wechselt für die Beschleunigung.

Ein sehr interessantes System mit einigen Tücken. So war es teilweise bei Schlechtwetter und eisigen Niederschlägen am Berg und nassen Niederschlägen im Tal der Fall, dass die Klemme auf den Rädern durchrutschte was dazu führte, dass der Sesselabstand nicht mehr im Soll lag. Bei der Anlage in Bellwald hat man dem nachgeholfen und in jedes zweite Rad eine Gummieinlage montiert, was nur bedingt erfolgreich war. Vermutlich deshalb waren dies die letzten solchen Anlagen welche mit diesem Beschleunigungs- und Verzögerungsprinzip funktionierten.

Von Roll hatte mit dem System VH400 Light gute Absichten. Sie wollten für einen günstigen Preis eine Leistungsstarke und moderne Anlage auf den Markt bringen. Zu dieser Zeit Anfang der 90er waren etliche schon damals veraltete fixe 2er Sesselbahnen noch immer in Betrieb. Mögliche und vor allem günstige Umbauten waren zu damaliger Zeit sehr gefragt und da kam Von Roll mit dem VH400 Light Prinzip eigentlich gerade richtig. Kurioserweise nutzten die Gelegenheit nur drei Gesellschaften, vielleicht auch, weil Von Roll ende der 90er Jahre von Doppelmayr übernommen wurden.

Garagierung bei der Sesselbahn Bellwald-Richinen am letzten Betriebstag der VH400 Light Ära (3. April 2022)

Die VH400 Klemme basiert aus dem Zusammenschluss zweier Firmen. Das Kürzel „VH“ steht für Von Roll-Habegger, welche zusammen 1984 die Klemmenreihe VH400 entwickelten. Es gab zu beginn mehrere Versionen um für verschiedene Bausysteme und Förderleistungen gerecht zu werden. Es sollte eine Einfachklemme geben für 3er Sessel, später auch 4er Sessel, sowie eine Doppelklemme für Betriebsmittel mit sechs und sogar bis zu acht Plätzen. Spätere Weiterentwicklungen des Systems VH400 ermöglichten sogar Kabinenbahnen mit 12er Kabinen. Die erste Bahn mit diesen Klemmen entstand 1984 in Schönried, bemerkenswert ist, dass diese Anlage mit 3er Sessel heute noch immer in Betrieb ist.

Die Klemme ist so aufgestellt, dass sowie die Tellerfedern als auch das Gewicht die Klemmkraft erzeugt. Der Kniehebelmechanismus ist verbunden mit den Klemmbacken, welche sich symmetrisch und relativ Seilschonend öffnen und schliessen lassen. Die Einfachklemme verfügt über deren fünf Rollen, vier davon sind massgebend für den Kuppelvorgang zuständig, wovon zwei Rollen auch gleichzeitig die Laufrollen darstellen. Die Doppelklemme besitzt nicht etwa zehn Rollen sondern nur deren acht.

Geöffnet wird die Klemme, indem die vier Laufrollen mit der Laufschiene und der Kuppelschiene zusammengedrückt werden. Weil kein Förderseil mehr im Seilbett aufliegt, bleibt die Klemme in der offenen Stellung und ist daher in der bistabilen Bauweise zu Hause. Geöffnet wird die Klemme indem die beiden Schienen (Laufschiene und Kuppelschiene) wieder auseinandertreiben. Sobald das Seilbett mit Fahrgeschwindigkeit auf dem Förderseil aufliegt, zieht der Sessel durch sein Eigengewicht die Klemme über den Kniehebel (toter Punkt) und die Klemme schliesst. Die Wege, die die Klemme machen muss bei den Kuppelvorgängen sind äusserts gering, kein grosser Hebel muss über eine längere Strecke bewegt werden wie es bei anderen Typen sonst der Fall ist. Daher ist die VH400 äusserts Verschleissarm und bei guter Instandhaltung langlebig, deshalb mein Überbegriff „die Stille VH400 Reihe“.

Da der Kuppelvorgang und der Mechanismus jeweils gut unter dem Blech versteckt wurde, versuchte ich 2019 beim Besuch in Celerina die Doppelklemme der Schweizweit ersten 6er Sesselbahn Trais Fluors zu filmen. Im Video wird der Einkuppelvorgang aus drei verschiedenen Blickwinkeln gezeigt um die Funktion bestmöglich zu zeigen.

Die Zeit der VH400 ging ziemlich schnell vorbei, doch nicht etwa wegen eines Fehlers oder technischen Mängel. Die Firma Doppelmayr übernahm die Firma Von Roll ende der 90er Jahre und brachte mit den DT-Kuppelklemmen eine eigene sich bereits bewährte Klemme mit. 1995 bereits wurde die letzte Seilbahn der Klemmenvariante VH400 Quattro in Torgon im Skigebiet Portes du Soleil auf Schweizer Seite gebaut. In diesen elf Jahren gab es zahlreiche Varianten der Klemmen, diese alle aufzuzählen und genaustens zu dokumentieren würde der Blogbericht hier und jetzt sprengen. Auf jeden Fall werde ich zu einem späteren Zeitpunkt die spezielle und sehr leichte VH400 Light noch genauer vorstellen.

4er Sesselbahn in Siviez aus dem Jahr 1988 mit neuen und modernen Sesseln bestückt (März 2021)

Die Sacmi Klemme ist eher bekannt als Poma S. Das „S“ steht für Sacmi. Sacmi war eine Konstruktionsfirma, welche in den 60er diese Klemme entwickelt hat. Poma war sehr interessiert eine Lizenz für diese Klemme zu erhalten. Der erste Prototyp einer Kabinenbahn wurde im Winter 1966/1967 schliesslich schon mit den berühmten Eiergondel in Betrieb genommen. Bei Kabinenbahnen kamen vorzugsweise eine Doppelklemme zum Einsatz. Bei 3er Sesselbahnen genügte eine einfache Klemme. Grundsätzlich möchte ich hier nicht die genaue Geschichte erläutern. Ich verweise auf diesen Link von remontées-mécaniques.net.

Die Klemme ist im Grunde genommen bistabil, obwohl dies bei der Betätigung des Kuppelhebels nicht unbedingt sichtbar ist. Der Kuppelhebel befindet sich unterhalb des Klemmengehäuses, daher ist der Kuppelvorgang bestens zu erkennen.

Auf der Zeichnung unten ist zu erkennen, dass die Klemme in diesem Zustand geschlossen ist. Das rote Teil, umgangssprachlich Pfeil, beeinflusst die bistabile Funktion. Der hier blaue Kreis ist verbunden mit der inneren beweglichen Klemmbacke. Der Pfeil drückt der blaue Kreis hier nach unten und überträgt die Klemmkraft auf das Förderseil.

  • Auskuppeln: Sobald sich der Kuppelhebel durch die Kuppelschiene nach oben bewegt (grüner Pfeil) so wird der rote Pfeil mitsamt der Schraubenfeder nach aussen gedrückt, die Feder wird also noch mehr zusammengedrückt. Der Pfeil löst sich nun von der inneren Klemmbacke, welche wiederum durch eine Zwangsöffnungsschiene nach oben geschoben wird. Ist die innere Klemmebacke oben, so fällt der Kuppelhebel wieder nach unten. Offen ist die Klemme.
  • Einkuppeln: Der Kuppelhebel wird nach oben gedrückt, roter Pfeil entfernt sich von der inneren Klemmbacke, durch die Gravitation fällt die innere Klemmbacke runter, Kuppelhebel fällt ebenfalls runter und die Klemme ist eingekuppelt.
Auskuppelvorgang, man beobachte die Elastizität der Konstruktion, die Kamera steht absolut still.

Auf den nächsten Bildern ist genauer zu erkennen, wie die Klemme funktioniert und wie die innere Klemmbacke durch den Pfeil betätigt wird. Im offenen Zustand ist die innere Klemmbacke auf der Zeichnung ganz schwach gezeichnet und befindet sich oberhalb des Pfeils. Die Innere Klemmacke wird im offenen Zustand durch den Pfeil an den Anschlag gedrückt. Wird der Pfeil durch den Kuppelhebel betätigt, würde die innere Klemmbacke durch die Gravitation nach unten Fallen.

In der Schweiz war nur eine einzige Kabinenbahn mit diesem Klemmtyp in Saanenmöser in Betrieb. Die dortige Saanerslochbahn wurde 2018 ersetzt. Ich konnte mir während des Abrisses eine Klemme als Andenken ergattern. Leider fehlte mir bislang die Zeit um sie genauer anzuschauen und ins „Innere“ zu blicken. Die Poma typische rumplige und lärmige Fahrt wird mir auf ewig in Erinnerung bleiben.

Die Überschrift ist ein bisschen streng. Dennoch, dieser Satz ist nicht gelogen oder falsch. Präziser gesagt: Alle kuppelbaren Seilbahnen, welche die Giovanola-Kuppelklemme verwenden, müssen entweder stillgelegt oder ersetzt werden. Der Grund, weshalb das so ist, möchte ich hier auf einfache Weise erläutern.

Gravierend an der Giovanola-Klemme ist, dass sie über vier Laufrollen verfügt. Moderne Klemmen besitzen lediglich zwei Laufrollen auf der äusseren Fahrbahnseite, die Giovanola-Klemmen hingegen auch zwei Laufrollen auf der inneren Seite. Wenn das Förderseil aus den Rollen entgleist, so fällt es im optimalen Fall in die Seilfänger. Heute wird gemäss der Norm SN EN 12929-1 verlangt, dass Klemmen diese Seilfänger befahren können – natürlich mit erheblichem Verschleiss aller Teile. Dies ist bei der Giovanola-Klemme aufgrund der inneren zwei Laufrollen technisch unmöglich.

Problemdarstellung

Des Weiteren ist es bei der Giovanola-Klemme technisch nicht machbar, eine Klemmkraftfunktion bei laufendem Betrieb in jeder Station einzubauen – ein System, das heute ebenfalls bei Neuanlagen standardisiert ist. Die alte Männlichenbahn wirkte dem mit einer eigens entwickelten Prüfstelle entgegen. An dieser Prüfstelle wurden die Klemmen jeden Monat manuell geprüft.

2016 wurde zwischen dem BAV (Bundesamt für Verkehr) und Seilbahnen Schweiz das Thema gründlich behandelt. Zum Schluss kam man zu dem Ergebnis, dass kuppelbare Seilbahnen mit Giovanola-Klemmen aufgrund der oben genannten Gründe nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen und daher nicht mehr den heutigen Normen genügen. Daraufhin wurde beschlossen, dass alle solche Anlagen spätestens bis Ende 2025 den Betrieb einstellen müssen. 2016 waren acht Anlagen davon betroffen, mittlerweile sind es nur noch deren fünf.

Eine weitere Hürde für die betroffenen Seilbahnunternehmen wurde erst vor einiger Zeit vom Bundesverwaltungsgericht festgelegt. Seilbahnen müssen sicher sein und den aktuellen Normen entsprechen. Tun sie das nicht, muss eine Risikoanalyse erstellt werden. Die betroffenen Seilbahnunternehmen erhielten demnach vom BAV die Anweisung, ihre Anlagen mit dem System Giovanola bis Ende 2020 durch den Hersteller überprüfen zu lassen. Erst danach wird die Nutzungsdauer, die vom BAV bis Ende 2025 festgelegt wurde, verlängert.

Früher oder später fungieren Giovanola Klemmen nur noch als 80 Kilo Möbelstücke

Jetzt könnte man meinen, es sei einfach, die Bahnen so umzubauen, um diese Norm zu umgehen und die Nutzungsdauer zu verlängern. Das ist technisch zwar möglich, aber nach den aktuellen Normen nicht zulässig. So könnte man z. B. eine magnet-induktive Seilüberwachung einbauen. Diese Überwachung erkennt eine fehlerhafte Position des Förderseils auf der Seilrolle. Sobald das Seil aus der Rolle läuft, verlangsamt die Anlage automatisch oder stoppt umgehend, wodurch ein Entgleisen unmöglich ist. Auf dieses System setzte Yan Lift als weltweit erste Firma bereits Anfang der 90er, da ihre Klemme wegen zwei auf beiden Seiten hinausragenden Kuppelhebeln keine Seilfänger befahren konnte. Das grosse Problem daran ist heute, dass dieses System nicht genormt ist. Theoretisch müsste man das System „Seillageüberwachung“ heute schon einbauen und mittels einer Risikoanalyse bestätigen, dass sich das Risiko durch die Abweichung von der Norm nicht erhöht. So könnte die Nutzungsdauer tatsächlich verlängert werden. Ob das ein Betreiber und zertifizierter Hersteller macht, ist sehr fraglich und daher unwahrscheinlich.

Verlassene Klemme im ehemaligen Skigebiet Super Saint Bernard (Foto 2015)

Aus historischer Sicht ist dies ein herber Verlust für das Seilbahnland Schweiz. Insbesondere, da die Klemme 1950 zum ersten Mal eingesetzt wurde und dadurch mehr als 70 Jahre Bestandteil der Schweizer Alpen war. Mir persönlich ist kein einziger Unfall bekannt, bei dem eine Giovanola-Klemme samt Betriebsmittel aufgrund der oben genannten Gründe verunglückt ist.

Fazit ist, dass kuppelbare Seilbahnen mit dem System Giovanola in der Schweiz aufgrund der bis Ende 2025 endenden Nutzungsdauer trotz historischem Wert stillgelegt oder ersetzt werden müssen. Unten befindet sich eine Auflistung der aktuell letzten Umlaufbahnen nach dem System Giovanola in der Schweiz.